Regionale Wirtschaft unter Druck – Unternehmen im Kreis Borken nutzen vermehrt Unterstützungsangebote
Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken begleitet in den Bereichen Gründungsberatung, Betriebsberatung, Innovationsförderung, Standortmarketing und Fachkräftesicherung jährlich rund 1.000 Unternehmen allein in persönlichen Beratungsgesprächen und stellt sich auf die individuellen Bedarfe der Unternehmen ein. Das Stimmungsbild der Wirtschaft im Kreis Borken zeigt sich vor dem Hintergrund der geopolitischen Anforderungen zurzeit angespannt.
Die Rezession hat auch die Unternehmen im Kreis Borken erreicht. Zudem wirken hohe Steuer- und Abgabenbelastungen, Energiekosten, eine Wirtschaftspolitik mit vielen Unsicherheiten, staatliche Vorschriften und Dokumentationspflichten wirken insgesamt belastend. „Die Stimmung hat sich in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt und die Investitionsneigung ist deutlich zurückgegangen. Dennoch ist zu erwarten, dass die vielfach familiär geführten Unternehmen im Kreis Borken auch diese Krise meistern werden“, so WFG-Geschäftsführer Dr. Daniel Schultewolter. So werde den Herausforderungen proaktiv und flexibel begegnet. Viele Betriebe produzieren z. B. ihren benötigten Strom selbst zu großen Teilen aus erneuerbaren Energien. „Sie sind auf die Herausforderungen gut vorbereitet.“
Unterstützung für Zukunftsthemen gefragt
Mit vielen komplexen Fragestellungen treten die Unternehmen an die WFG-Betriebsberatung heran. Dabei geht es bei von Auftragsrückgängen betroffenen Unternehmen vielfach um Anträge auf Kurzarbeitergeld. Unterstützung wird vielfach auch zu Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Internationalisierung oder Nachhaltigkeit angefragt. „Als große Last empfinden viele Betriebe die zunehmende Bürokratie“, berichtet Ingo Trawinski, Prokurist und Leiter der WFG-Betriebsberatung. Für das Erarbeiten krisenfester Zukunftsstrategien und bei dem Thema Unternehmensnachfolge wird der stärkste Beratungs- und Unterstützungsbedarf angezeigt. Bei den Fördermitteln sind Digitalisierungsprogramme wie Mittelstand Innovativ & Digital (MID) beliebt. Die Einstellung der langjährigen Förderinstrumente Potential- und Transformationsberatung sowie des Betrieblichen Bildungsschecks zum Ende des Jahres stellen die Unternehmen vor die Herausforderung für Transformationsprozesse und Qualifizierung neue Wege zu suchen. Aufgrund der deutlich gestiegenen Zinssätze greifen Unternehmen zudem vermehrt auf Förderdarlehen zurück. Aufholbedarf zeigt sich vielfach nach wie vor beim Thema Nachhaltigkeit bzw. bei der CSRD-Berichtspflicht, obwohl die neue EU-Richtline zur CO2-Berichtlegung für viele Unternehmen bereits ab 2024 gilt.
Gründungspotential mit innovativen Ideen
GründerInnen nutzen beim Schritt in die Selbständigkeit die WFG-Gründungsberatung bei allen Fragestellungen rund um das Thema Selbständigkeit. Die Beurteilung von Geschäftskonzepten, Unterstützung bei der Antragstellung von Förderinstrumenten wie dem Beratungsprogramm Wirtschaft NRW und dem Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit waren in diesem Jahr wieder wichtige Bausteine der Gründungsberatung. Nach wie vor erreichen viele innovative Gründungsideen die Gründungsberatung. „Im Rahmen der Jurysitzung für das Gründungsstipendium NRW in unserem Hause stellen sich Gründerinnen und Gründer mit viel Potenzial vor. Das Gründungsstipendium mit 1.200 Euro pro Monat für zwölf Monate ist ein sehr gutes Instrument, um in Zeiten konjunktureller Herausforderungen und Rezession innovative Gründungen zu unterstützen“, so Tobias Ebbing, Gründungsberater der WFG und Leiter der Jury für das Gründungsstipendium im Kreis Borken. Angesichts der rasanten Zinsentwicklung bei den Förderkrediten der Banken, gepaart mit den konjunkturellen Schwankungen sind Neugründungen mit hohem Kapitalbedarf von zunehmenden Unsicherheiten konfrontiert. Viele Nebenerwerbsgründungen sind hier Ausdruck der wachsenden Zurückhaltung in eine hauptberufliche Selbständigkeit zu starten.
Standortmarketing wird wichtiger
Das Sichtbarmachen der eigenen Arbeitgebermarke wird zunehmend in seiner Bedeutung erkannt. Immer mehr Bewerbungen treffen in diesem Zusammenhang für das Radio- und Podcast-Format „Made in Westmünsterland“, das jährlich 20 Hidden Champions aus dem Kreis Borken vorstellt, ein.
Hohes Engagement für Fachkräftesicherung und – bindung
Aus vielen Unternehmen erreichen Rückmeldungen zu chronischer Arbeitsüberlastung aufgrund fehlender Fachkräfte das Team der WFG-Fachkräftesicherung. Ein vielerorts hoher Krankenstand erhöht die entsprechende Nachfrage im Themenbereich „gesundes Arbeiten“. Auszubildende werden flächendeckend gesucht. Zunehmend mehr Unternehmen suchen Hilfe bei der Kontaktaufnahme und -pflege zu SchülerInnen aus weiterführenden Schulen als potenzielle Auszubildende. Auch das Thema Ausbildungsbegleitung spielt eine erhebliche Rolle, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden und die Auszubildenden als spätere Fachkräfte im Unternehmen zu halten. Die Beteiligung von Unternehmen an den WFG-Veranstaltungsformaten spiegeln diese Themen wider. So war die Beteiligung bei der „Nacht der Ausbildung“ in diesem Jahr noch höher als im vergangenen Jahr. Ebenso erfreut sich das Projekt „JobGesund“, das gerade kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt ein betriebliches Gesundheitsmanagementsystem einzuführen, starker Nachfrage. Alle Plätze in dem Pilotprojekt sind vergeben. Auch Veranstaltungen zu Themen wie „New Work“ und “Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“ sind weiterhin sehr gut besucht. Maßnahmen zur vertieften Berufs- und Studienorientierung im MINT-Bereich werden gern unterstützt, ebenso wie das HandwerkMobil, das SchülerInnen der Klassen fünf bis sieben ermöglicht handwerkliche Projekte, Aktionen und Workshops zu erleben und ihre eigenen Fähigkeiten in handwerklichen Berufsbildern zu testen.
Nachfrage nach Anlagenfinanzierung steigt
Die Nachfrage nach finanzieller Unterstützung bzw. Fördermöglichkeiten für Neuinvestitionen in Anlagen ist aktuell ein Schwerpunkt in der WFG-Innovationsberatung. Je nach Innovationsgrad lassen sich für Betriebe im Kreis Borken dafür verschiedene Möglichkeiten eröffnen. Vermehrt erreichen die WFG-Innovationsberatung Anfragen zum Forschungszulagengesetz, mit dem sich Forschungsausgaben steuerlich begünstigen lassen. Die Zukunftstechnologie Wasserstoff ist im Kreis Borken angekommen. Einige Unternehmen planen erste Projekte. Für Know-how-Transfer und Austausch wird das von der WFG etablierte Wasserstoff-Netzwerk regelmäßig genutzt. Die Unternehmen erkennen die Chance, auch im Bereich Automatisierung eine zusätzliche Stellschraube im Kampf gegen den Fachkräftemangel zu nutzen und wenden sich vermehrt an die WFG, um an dem mit der Westfälischen Hochschule und drei Automatisierungsunternehmen entwickelten SAM-Projekt (SAM = Strukturierte Automatisierungs-Methode) teilzunehmen. „Gerade auch kleine und mittelständische Unternehmen im Kreis Borken erkennen, dass Aufbau und Pflege einer Innovationskultur in diesen Zeiten wichtig ist. Dies zeigt sich auch an dem zunehmenden Interesse an unseren Kreativworkshops“, so Dr. Markus Könning, Leiter der WFG-Innovationsabteilung.
Ebenso wird der Blick über die Grenze geworfen. So signalisieren viele Unternehmen Interesse, sich an dem Interreg-Projekt Smart Solution Labs zu beteiligen. Je nach Aufgabenstellung kann hier nach nur achtwöchiger Projektzeit z.B. ein Konzept, eine digitale Lösung oder ein Prototyp das Ergebnis der Zusammenarbeit interdisziplinärer Studierender aus Deutschland und den Niederlanden sein.