Anomalieerkennung in Zeitreihendaten von Maschinen
Autor: Prof. Dr.-Ing. Michael Bühren
Bei der vorausschauenden Instandhaltung von Anlagen und Maschinen spielt die Erkennung von Anomalien als Zeichen eines erhöhten Ausfallrisikos eine zentrale Rolle. Das „Ohr“ an der Maschine stellen die Sensoren dar, die entweder als Bestandteil der Steuerung und Regelung vorhanden sind oder als Zusatzsystem zur Zustandsüberwachung an der Maschine angebracht werden. Ein gutes Beispiel für den letztgenannten Fall sind z. B. die im Bereich der Großgetriebe eingesetzten Systeme zur Schwingungsüberwachung. In allen Fällen liegen die Sensordaten zunächst in Form von Zeitreihen vor, d. h. als ein in der Regel in gleichmäßigen Zeitabständen aufgenommener Strom von Messwerten in einem computerlesbaren Zahlenformat. Wenn es um die Erkennung von Anomalien in diesen Zeitreihen geht, wird es schnell komplex. Fragen wie die nach der notwendigen sowie vom Datenvolumen her handhabbaren Abtastrate liegen sofort auf der Hand. Sollen die Daten in Echtzeit analysiert werden oder reicht die Offline-Verarbeitung? Das Ganze dann ausgeführt auf einer maschinennahen Recheneinheit – auf einem sog. „Edge Device“ – oder doch auf einem entfernt angekoppelten Server im Firmennetz oder sogar in einer Cloud-Applikation? Auch die Definition einer Anomalie im Sinne eines vom normalen Verhalten abweichenden Zustandes ist klärungsbedürftig: Punktanomalien (ein sehr hoher Wert neben vergleichsweise geringen Werten), Drift-Anomalien (langsam und stetig entstehende Abweichungen), kollektive Anomalien (mehrere gehäufte Datenpunkte einer Zeitreihe, die Abweichung zeigen) sowie kontextuelle Anomalien (Abweichungen zeigen sich im Vergleich mindestens zweier Zeitreihen) sind zu unterscheiden.
Verschiedene kleine und große Anbieter haben hierzu bereits ihre Hard- und Software-Produkte am Markt platziert. Doch häufig sind die Anforderungen sehr individuell und verlangen nach einer spezifischen Lösung. Studierende der Westfälischen Hochschule sind schon in zahlreichen Industrieprojekten im Rahmen ihrer Praxisphasen und Abschlussarbeiten in der Entwicklung entsprechender Applikationen engagiert. Dabei reicht das Spektrum von klassischen statistischen und regelbasierten Ansätzen bis in den Bereich des Maschinellen Lernens unter Einschluss der modernsten Methoden der Künstlichen Intelligenz. Letztere eröffnen neue Horizonte auch im Bereich der Maschinenzustandsüberwachung, doch darf der Aufwand für die Datenbereitstellung und -aufbereitung sowie das Trainieren der Modelle nicht unterschätzt werden. Studierende des Fachbereichs Maschinenbaus am Campus Bocholt der Westfälischen Hochschule verfügen über entsprechende Kompetenzen, welche die relevanten Bereiche der Informatik, Mathematik und des maschinenbaulichen Domänen-Know-hows abdecken.
Prof. Dr.-Ing. Michael Bühren